Non-fungible Tokens (NFTs): Mögliche Spekulationsblase mit Potenzial für nachhaltige Innovation

Von Lennart Ante

Eine neue Form des digitalen Investments hat den Mainstream erreicht. Non-fungible Tokens (NFTs) treten in die Fußstapfen der Kryptowährungen und erzielen hohe Summen in digitalen Auktionen und Verkäufen. Bei NFTs handelt es sich um einzigartige Echtheitszertifikate auf Blockchains, die in der Regel von den Schöpfern der zugrundeliegenden Werke (oder Werte) ausgestellt werden. Diese Werte können digitaler oder physischer Natur sein. Fungible Güter wie Geld oder Handelswaren, lassen sich durch Güter der gleichen Art ersetzen oder austauschen. Sofern es sich hingegen um ein nicht fungibles (non-fungible) Gut  handelt, lässt es sich nicht durch ein ähnliches Gut austauschen, da der Wert über den eigentlichen Materialwert hinausgeht. Bezogen auf die analoge Welt, würde es sich hierbei beispielsweise um Werke mit künstlerischer oder historischer Bedeutung oder Sammelkarten handeln, die seit langem auf unterschiedlichen Marktplätzen versteigert und gehandelt werden.  In der digitalen Welt hingegen waren und sind der Handel sowie die Versteigerung der Güter nur eingeschränkt möglich, da die Echtheit der Güter bislang nicht eindeutig verifiziert werden konnte.

Doch was bedeutet das nun konkret? Das Internet erlaubt es NutzerInnen jede x-beliebige Information zu kopieren. Infolgedessen ist es völlig unklar, wann es sich beispielsweise bei einem digitalen Kunstwerk, einer Datei oder einem Beitrag in einem sozialen Netzwerk um das Original oder eine Kopie handelt. Aus dem Grunde war es bislang kaum möglich, die Echtheit von Gütern eindeutig zu identifizieren. Diese Herausforderung wird nunmehr durch den Einsatz von NFTs gelöst, da sie  die Möglichkeit bieten, digitale Güter eindeutig als Originale zu deklarieren. Bei ihnen handelt es sich um digitale Echtheitszertifikate, die sowohl übertragbar als auch handelbar sind. Dadurch unterliegen sie ebenso wie herkömmliche (analoge) Kunstwerke oder Sammelobjekte Wertschwankungen.

Aber wie funktioniert das genau und welche Rolle spielt die Blockchain? Die Blockchain-Technologie fungiert als vertrauensvolle Infrastruktur für die Erzeugung, die Speicherung sowie den Transfer der Token. Dabei werden die NFTs als solches über sogenannte Smart Contracts erstellt, welche Computer-Code  auf einer Blockchain darstellen und automatisiert den Lebenszyklus digitaler Token verwalten (Ante 2021).

Das NFT dieses Bildes des Künsters Beeple wurde für umgerechnet 69,3 Millionen Dollar verkauft. Es besteht aus 5.000 einzelnen Bildern.

Um einen Eindruck von dem Potenzial von NFTs zu bekommen, lohnt sich ein Blick auf den Markt der vergangenen Monate des Jahres 2021. So hat der Markt für NFTs in den zurückliegenden Monaten des Jahres ein exponentielles Wachstum erfahren. Bedenkt man, welche „Werte“ dabei für Millionen an Euro verkauft werden, liegt schnell die Vermutung nahe, dass es sich hierbei um eine Spekulationsblase handeln könnte. Bereits im ersten Quartal des Jahres 2021 wurden 333.000 NFTs im Wert von 400 Millionen Dollar gehandelt (NonFungible 2021). Bei ihnen handelte es sich insbesondere um NFTs von digitaler Kunst, Sammelobjekten, Musikrechten, In-Game-Items oder Metaversen. Besondere mediale Aufmerksamkeit erlangten der Künstler Beeple, der im Rahmen einer Versteigerung beim Auktionshaus Christies ein rein digitales Kunstwert für umgerechnet 69,3 Millionen Dollar verkaufte (Christie’s 2021) sowie Twitter CEO Jack Dorsey, der den NFT des ersten Tweets aller Zeiten („just setting up my twttr“) für 2,9 Millionen Dollar versteigerte (Valuables 2021). Doch damit ist noch lange kein Ende in Sicht. Sportgrößen wie NFL Quarterback Patrick Mahomes oder UFC Champion Khabib Nurmagomedov verkaufen NFT-Kollektionen und Fußballvereine wie der FC Bayern München oder Paris Saint Germain beteiligen sich an digitalen „NFT-Sammelkarten“.

Obgleich das schnelle Wachstum des NFT-Marktes eine Blase vermuten lässt, bieten NFTs ein hohes Innovationspotenzial. Gegenwärtig liegen digitale Eigentumsrechte (noch) bei Plattformen und deren Betreibern. Perspektivisch können NFTs diese Eigentumsrechte von der Plattform zu den Urhebern verlagern, was einen entsprechenden Paradigmenwechsel zur Folge haben kann. Infolge der Ermöglichung des Handels nachgefragter Güter und deren anschließender Monetarisierung, kann der Markt für die Schöpfung digitaler Güter transformiert werden. Damit werden SchöpferInnen einerseits in die Lage versetzt einen Sekundärmarkt zum Vertrieb ihrer digitalen Güter zu nutzen und andererseits für ihren (Zeit-)Aufwand entlohnt. Sie können direkt an ihrer Kreation partizipieren, was vorher nicht zwangläufig der Fall war.

Und wie können NFTs konkret ausgestaltet werden? Kurzum, so unterschiedlich und individuell wie ihre ihnen zugrundeliegenden Werke. Neben einem „einfachen“ Echtheitszertifikat können NFTs SchöpferInnen anteilig an zukünftigen Verkaufserlösen beteiligen, Stimmrechte enthalten oder in Bruchstücke unterteilt werden, die wiederum für sich gehandelt werden können. So wäre es beispielsweise denkbar, dass AnlegerInnen Kleinstmengen eines (digitalen) Kunstwerks erwerben und Museen, Ausstellungen oder Vereine sich hierüber finanzieren. Und mal ehrlich, wer von uns  wäre nicht gerne MitbesitzerIn von da Vinci´s Mona Lisa?

Die aktuelle Goldgräberstimmung und die möglicherweise platzende Spekulationsblase des NFT-Marktes machen es den Entscheidern in der Politik und Verwaltung nicht unbedingt leicht, eine sachgerechte Debatte über dessen Einführung und Regulierung zu führen. Gleichwohl sollten sie daraus nicht die Schlüsse ziehen, neue technische und wirtschaftliche Innovationen vor dem Hintergrund solcher Risiken von vornherein auszubremsen. Vielmehr sollten die handelnden Akteure sich umfassend unabhängig und objektiv mit den Chancen und Risiken für Wirtschaft und Gesellschaft auseinandersetzen und eine rechtssichere sowie nachhaltige Adoption von NFTs fördern. Denn eines dürfte diese neue Technologie bereits heute bewiesen haben. Sie hat das Potenzial Deutschland neben einem Wettbewerbsvorteil auch eine Vorreiterstellung bei der digitalen Transformation sowie der digitalen Abbildung von Eigentum, Urheberrecht und Besitz einzubringen.

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