Wie die zunehmende Verbreitung von Kryptowährungen die Glücksspielprävention und -behandlung beeinflusst: Eine Präsenzfortbildung in Zürich

Im November 2024 hatte Dr. Steinmetz die Gelegenheit, im Rahmen einer ganztägigen Fortbildung in Zürich über ein Thema zu sprechen, das im Bereich der Glücksspielsuchtprävention und -behandlung zunehmend an Bedeutung gewinnt: die Verflechtungen von Kryptowährungen, Blockchain-Technologie und Glücksspiel. Veranstaltet wurde das Seminar vom Institut für Soziale Arbeit und Räume der Ostschweizer Fachhochschule im Rahmen des Programms Spielen ohne Sucht, das sich der fachlichen Weiterbildung von Fachpersonen in der Suchtprävention und Beratung widmet. Dr. Steinmetz wurde eingeladen, einen kritischen Überblick über die Phänomene rund um Kryptowährungen zu geben und deren Relevanz für glücksspielbezogene Problematiken darzustellen – auf Grundlage meiner laufenden empirischen Forschung in diesem Bereich.
Die Fortbildung brachte eine vielseitige Gruppe von Fachkräften zusammen – Berater, Sozialarbeiter und Präventionsspezialisten –, die zunehmend mit Fällen konfrontiert sind, die sich nicht mehr eindeutig dem traditionellen Glücksspiel zuordnen lassen. Stattdessen berichten Klienten von problematischem Verhalten im Umgang mit Kryptowährungen: von exzessivem Trading über Investments in spekulative Token bis hin zur Nutzung dezentraler Glücksspielplattformen. Diese Verhaltensweisen sind zwar oft in die Sprache des digitalen Finanzwesens gekleidet, weisen aber deutliche Parallelen zu bekannten Mustern der Glücksspielsucht auf.
Zu Beginn des Seminars wurden grundlegende Begriffe und Funktionsweisen von Kryptowährungen erläutert: Was ist eine Blockchain? Wie funktionieren Krypto-Assets? Und worin unterscheiden sich diese Technologien von etablierten Finanzsystemen? Ziel war es, eine gemeinsame Wissensbasis zu schaffen, um das Thema jenseits technischer Schlagworte und medialer Übertreibung fundiert angehen zu können. Dabei wurden unterschiedliche Formen von Krypto-Assets sowie deren Nutzung in digitalen Ökosystemen vorgestellt.
Im weiteren Verlauf wurde der Blick verstärkt auf die praktischen und klinischen Implikationen gerichtet. Gemeinsam mit den Teilnehmenden analysierten wir strukturelle und psychologische Überschneidungen zwischen Glücksspiel und Kryptohandel – etwa in Bezug auf Volatilität, Belohnungssysteme, Verlustverfolgung und die Gamifizierung von Finanzentscheidungen. Besonders eindrücklich waren dabei die Berichte aus der Praxis: Immer häufiger treten junge Klienten auf, deren Verhalten sich zwischen spekulativem Investment und suchtartiger Nutzung digitaler Plattformen bewegt. Die Grenze zwischen „Investieren“ und „Zocken“ wird zunehmend unscharf.
Ein weiterer Fokus lag auf der zunehmenden Zahl von Glücksspielangeboten, die ausschließlich mit Kryptowährungen arbeiten. Viele dieser Plattformen entziehen sich bewusst staatlicher Regulierung, was eine wirksame Prävention oder Intervention erheblich erschwert. Der Einsatz von Kryptowährungen im Glücksspiel erhöht nicht nur die Intransparenz finanzieller Transaktionen, sondern auch das Risiko für ohnehin vulnerable Gruppen – insbesondere durch das Fehlen von Spielerschutz und Kontrollinstanzen.
Zum Abschluss der Fortbildung wurde gemeinsam diskutiert, welche Konsequenzen sich aus diesen Entwicklungen für die Beratung und Prävention ergeben. Wie können Fachpersonen adäquat reagieren? Welche neuen Kompetenzen werden notwendig? Klar wurde: Ein grundlegendes Verständnis von Kryptowährungen und ihren sozialen wie psychologischen Wirkungen ist für die Arbeit mit suchtgefährdeten Personen heute unerlässlich. Präventionsstrategien müssen die Logik und Sprache der digitalen Finanzwelt aufnehmen. Auch in der klinischen Praxis braucht es neue Instrumente, um Verhaltensmuster zu erkennen und einzuordnen, die bislang außerhalb bestehender Diagnosekategorien liegen.
Unser herzlicher Dank gilt den Veranstaltern der Ostschweizer Fachhochschule und dem Team von Spielen ohne Sucht für die Einladung und die Möglichkeit, meine Forschung in diesem Rahmen einzubringen. Der interdisziplinäre Austausch mit engagierten Fachpersonen war ebenso bereichernd wie notwendig. Wer sich näher mit den Schnittstellen von Kryptowährungen und Glücksspiel befassen möchte, ist herzlich eingeladen, sich mit Dr. Steinmetz in Verbindung zu setzen oder einen Blick in unseren Forschungsbereich zu werfen.